Lexikon, zuletzt bearbeitet am: 21.07.2023 | Jetzt kommentieren| Jetzt bewerten
Inhaltsverzeichnis
Der Geschäftsführer vertritt ein Unternehmen gerichtlich und außergerichtlich nach außen. Die Zielsetzung der Geschäftsführung liegt vor allem in der gewinnorientierten Leitung eines Betriebes.
Er kann sowohl im Rahmen eines Werkvertrages angestellt sein als auch der Firmeninhaber selbst sein, z.B. wenn dieser als Alleingesellschafter und Geschäftsführer den Betrieb leitet.
Meist wird ein Geschäftsführer im Rahmen eines Werkvertrages für einen bestimmten Zeitraum angestellt, um für diesen Zeitraum die Geschäfte eines Unternehmens nach Maßgabe der Gesellschafter zu leiten. Handelt ein Geschäftsführer entgegen dem ausdrücklichen Willen seines Geschäftsherrn, so ist er gemäß §§ 677 ff. BGB dazu verpflichtet, für den verursachten Schaden einzustehen.
Die Aufgaben eines Geschäftsführers sind sehr vielfältig und umfassend. In diesem Abschnitt wird daher nur auf einige wichtige Aufgabenbereiche der Geschäftsführung eingegangen. Zu den Aufgaben des Geschäftsführers gehört die Erstellung der Umsatz- und Lohnsteuervoranmeldungen, die Erstellung des Jahresabschlusses, das Controlling, die Buchführung, die Abgabe der Jahressteuererklärung, aber auch sozialversicherungsrechtlichen Meldepflichten gem. § 28a SGB IV. Zudem unterliegt der Geschäftsführer gegenüber den Gesellschaftern der Auskunftspflicht. Die Gesellschafter können von dem angestellten Geschäftsführer auf Nachfrage die Einsicht in die Geschäftsunterlagen verlangen. So können diese Einblicke in die geleistete Arbeit erlangen. Diese Einsicht darf nicht verweigert werden.
Entgegen der weit verbreiteten Auffassung, mit Gründung einer GmbH zukünftig Haftungsfragen gänzlich auf das Stammkapital beschränken zu können, ergeben sich in der Krise für den Geschäftsführer sehr wohl umfangreiche Haftungsrisiken.
Neben dem rechtmäßig bestellten Geschäftsführer haftet gleichermaßen auch der so genannte „faktische Geschäftsführer“. Hierunter wird jede Person gefasst, die zwar rein formell kein Geschäftsführer der Gesellschaft ist, aber dennoch wesentlichen Einfluss auf die Gesellschaft ausübt, dabei wie ein Geschäftsführer handelt und nach außen hin wie ein Geschäftsführer auftritt. Als faktischer Geschäftsführer gilt auch derjenige, der zwar als Geschäftsführer bestellt wurde, diese Bestellung aber nicht wirksam erfolgt ist.
Neben dem Anstellungsvertrag ist § 43 GmbHG die gesetzliche Grundlage für die Haftung des Geschäftsführers gegenüber der GmbH.
Verletzt der Geschäftsführer seine allgemeinen Sorgfaltspflichten, so ist er der Gesellschaft gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet. Maßstab für die Pflichterfüllung der Geschäftsführer ist die Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes.
Der Geschäftsführer unterliegt schon mit Annahme des Amtes der Organhaftung des § 43 GmbHG, nicht etwa erst mit Eintragung in das Handelsregister. Die Haftung des Geschäftsführers besteht grundsätzlich nur gegenüber der Gesellschaft, nicht Gesellschaftern oder Dritten (Kunden, Lieferanten, Subunternehmer, etc.) gegenüber. Hiervon werden nur im Einzelfall Ausnahmen zugelassen.
In einem Insolvenzverfahren hat der Insolvenzverwalter diese Ansprüche der Gesellschaft und den Gesamtschaden der Gläubiger zugunsten der Insolvenzmasse (vgl. § 92 InsO) gegenüber dem Geschäftsführer geltend zu machen.
Sorgfaltspflichten des Geschäftsführers
Die Rechtsprechung versteht die Sorgfaltspflicht des Geschäftsführers als die Sorgfalt eines selbstständigen, treuhänderischen Verwalters fremder Vermögensinteressen in verantwortlich leitender Position (vgl. u.a. OLG Zweibrücken NZG 1999, 506 f.). Dabei bleiben persönliche Eigenschaften wie Alter, Unerfahrenheit oder Unfähigkeit des Geschäftsführers grundsätzlich außer Betracht.
Dem Geschäftsführer werden vielfältige Verhaltenspflichten auferlegt, aus welchen sich allgemeine Pflichtenkreise ableiten lassen:
Der Geschäftsführer ist der Gesellschaft gegenüber dann zum Schadensersatz verpflichtet, wenn er bei der Ausübung seiner Tätigkeit eine ihm persönlich obliegende Pflicht schuldhaft verletzt hat. Ein Verschulden liegt vor, wenn der Geschäftsführer vorsätzlich oder fahrlässig gehandelt hat. Hierfür gilt ein sogenannter normativer Maßstab, der Geschäftsführer wird also daran gemessen, was ein abstrakter, „durchschnittlicher“ Geschäftsführer getan hätte. Die Pflichtverletzung muss zu einem Schaden der Gesellschaft geführt haben. In einem Prozess hat die Gesellschaft zu beweisen, dass der Schaden entstanden ist und dieser durch die Pflichtverletzung des Geschäftsführers verursacht wurde.
Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer nicht, wenn er auf Weisung eines weisungsberechtigten Organs (z.B. Gesellschafterversammlung) handelt. Fehlerhafte Weisungen eines weisungsberechtigten Organs muss er jedoch nicht befolgen, er hat bei anfechtbaren Beschlüssen nach pflichtgemäßem Ermessen über sein eigenes Verhalten zu entscheiden. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die Gesellschafter im Innenverhältnis Beschränkungen der Geschäftsführungsbefugnis vornehmen können. In diesem Fall muss der Geschäftsführer unter Umständen seine inhaltlichen Bedenken gegen eine Weisung vor deren Ausführung äußern. Handelt der Geschäftsführer in Folge einer rechtmäßigen Weisung, muss er von der Haftung freigestellt werden. Als haftungsbefreiende Weisungen kommen in erster Linie solche der Gesellschafterversammlung, aber auch des Aufsichtsrats oder Beirats in Betracht. Billigt das zuständige Organ die vom Geschäftsführer geplante Maßnahme, wirkt diese Entscheidung in der Regeln haftungsausschließend. In einem derartigen Beschluss kann eine Entlastung oder ein konkludenter Verzicht auf einen Haftungsanspruch gegen den Geschäftsführer liegen. Hierzu bedarf es keiner förmlichen Entscheidung, es genügt jede Entscheidung über die Geschäftsführermaßnahme. Eine bloße Kenntnisnahme aller Gesellschafter hat jedoch keine billigende Wirkung. Der Geschäftsführer ist von der Haftung nicht befreit, sofern er die entsprechende Tatsachengrundlage für die Gesellschafterentscheidung nicht ausreichend ermittelt, mögliche Risiken nicht aufzeigt oder etwaige persönliche Interessen an der vorzunehmenden Maßnahme verschweigt.
Auf rechtswidrige Weisungen, insbesondere verbotswidrige Auszahlungen aus dem Stammkapital oder verbotswidrigen Erwerb eigener Geschäftsanteile der Gesellschaft haftet ein Geschäftsführer trotz einer Weisung der Gesellschafter, soweit Ersatz zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.
Übt der Geschäftsführer sein Direktionsrecht aus und delegiert einzelne Aufgaben an seine Mitarbeiter, kann ihm das rechtswidrige und/oder schuldhafte Verhalten der ihm nach- oder untergeordneten Mitarbeiter der Gesellschaft nicht zugerechnet werden. Dies gilt auch in den Fall, in dem der Geschäftsführer Leitungsaufgaben delegiert, für deren Erfüllung er selbst verpflichtet ist. Das gilt insoweit, als die Mitarbeiter nicht zur Erfüllung seiner eigenen Verpflichtungen hinzugezogen werden, sondern im Pflichtenkreis der Gesellschaft tätig werden.
Ein pflichtwidriges Verhalten seiner Mitgeschäftsführer löst grundsätzlich keine Haftung des Geschäftsführers aus, es sei denn, der Geschäftsführer hat diesbezüglich eine Überwachungs- und Überprüfungspflicht. Begehen mehrere Geschäftsführer gemeinsam eine Pflichtverletzung, haften sie als Gesamtschuldner.
Zur Geltendmachung dieses Anspruchs ist in der Regel ein Gesellschafterbeschluss erforderlich. Dies gilt nicht bei einer Klage des Insolvenzverwalters, eines Gläubigers, welcher den Anspruch gepfändet hat und bei der Klage eines nicht vertretungsberechtigten Gesellschafters für die Gesellschaft (actio pro socio).
Der Geschäftsführer haftet bei einer Verletzung des Kapitalerhaltungsgebotes neben den Empfängern der Zahlung in voller Höhe der durch die Pflichtverletzung entstandenen Unterdeckung auf Schadensersatz. Dabei ist unerheblich, dass der Gesellschaft auch Ansprüche gegen die Gesellschafter zustehen.
Das Gesetz verbietet dem Geschäftsführer, Aktivvermögen an die Gesellschafter auszuzahlen, wenn und soweit dadurch eine Unterdeckung herbeigeführt oder vertieft wird. Eine Unterdeckung besteht dann, wenn das Nettovermögen der Gesellschaft in seinem rechnerischen Wert unter die Ziffer des Stammkapitals sinkt. Die Geschäftsführerhaftung entsteht dabei nicht nur im Falle der eigenhändigen verbotenen Auszahlung, sondern auch bei einem Verstoß gegen eine Überwachungspflicht, nach welcher der Geschäftsführer dafür zu sorgen hat, dass derartige Auszahlungen nicht durch Mitgesellschafter oder andere vertretungsberechtigten Personen (z.B. Prokuristen, Handlungsbevollmächtigte, etc.) getätigt werden.
Der zu ersetzende Schaden bemisst sich mindestens auf die Höhe der an die Gesellschafter unzulässig geleisteten Zahlung, nicht etwa nur auf die uneinbringliche Differenz und ist nicht auf die Höhe der Stammkapitalziffer beschränkt. Soweit ein eigenkapitalersetzendes Gesellschafterdarlehen verlorenes Stammkapital deckt, ist es gebunden und darf nicht an die Gesellschafter zurückgezahlt werden.
Eine Haftung kann auch entstehen, wenn die Gesellschaft eigene Anteile erwirbt. Der Geschäftsführer ist zum Ersatz verpflichtet:
Neben dem Geschäftsführer haften auch die Veräußerer der Anteile. Der zu ersetzende Schaden besteht nicht nur in Höhe der Differenz zum Wert des Geschäftsanteils, sondern mindestens in Höhe des unzulässig gezahlten Erwerbspreises abzüglich etwaiger Rückzahlungen.
Vereinbarungen, die die Geschäftsführerhaftung in den Fällen des Verstoßes gegen die Kapitalerhaltungsvorschriften einschränken, sind nur in engen Grenzen möglich. Eine Vereinbarung über den Verzicht auf oder Vergleich über die Ersatzansprüche ist unwirksam, soweit der Ersatz zur Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger erforderlich ist.
Ein besonderes Haftungsrisiko ergibt sich für den Geschäftsführer einer GmbH regelmäßig in der Krise der Gesellschaft, insbesondere im Vorfeld einer Insolvenz.
Jeder einzelne Geschäftsführer ist verpflichtet, auch wenn er nur gesamtvertretungsberechtigt ist, laufend die wirtschaftliche Lage des Unternehmens zu überwachen, um somit frühzeitig die Anzeichen einer Krise zu erkennen. Werden Anzeichen einer Krise sichtbar, hat der Geschäftsführer diese eingehend darauf hin zu prüfen, ob eine Krise der Gesellschaft tatsächlich vorliegt.
Bestätigt sich diese Annahme, muss der Geschäftsführer innerhalb einer Drei-Wochen-Frist mit Nachdruck versuchen, die Insolvenzreife des Unternehmens kurzfristig zu beheben. Der Geschäftsführer hat sowohl im Interesse der Gläubiger der Gesellschaft als auch im Interesse der Gesellschafter und Mitarbeiter alle sachgerechten Sanierungsmaßnahmen und Möglichkeiten zur Beseitigung der Insolvenzgründe zu untersuchen. Liegen die Voraussetzungen für eine Erfolg versprechende Sanierung vor, muss diese durchgeführt werden.
Die Drei-Wochen-Frist darf allerdings nicht als eine absolute Frist verstanden werden, diese stellt nur eine äußere Grenze dar. Ist bereits vor Ablauf dieser Frist abzusehen, dass jegliche Sanierungsmaßnahmen erfolglos bleiben werden, darf die Drei-Wochen-Frist nicht ausgeschöpft werden. In diesem Fall ist der Insolvenzantrag sofort zu stellen. Der Fristbeginn ist im Zweifel der Zeitpunkt, an dem die Insolvenzreife nach objektiver Betrachtung vorgelegen hat und dies für den Geschäftsführer erkennbar war oder erkennbar sein musste.
Die für die Insolvenzantragsplicht relevanten Informationen und erforderlichen Kenntnisse muss sich der Geschäftsführer rechtzeitig verschaffen, um den Vorwurf der Fahrlässigkeit zu vermeiden. Dabei hat es keine Relevanz, welches Tätigkeitsfeld dem Geschäftsführer bei der Geschäftsverteilung zugeteilt worden ist.
Die Stellung eines Insolvenzantrags erfüllt grundsätzlich die Pflicht des Geschäftsführers. D dabei ist ausreichend, wenn nur einer von mehreren (alleinvertretungsberechtigten) Geschäftsführern den Antrag stellt. Ein seitens der Gläubiger der Gesellschaft gestellter Antrag entbindet den Geschäftsführer jedoch nicht von seiner Pflicht zu Antragstellung. Vielmehr muss er sich durch ausdrückliche Erklärung gegenüber dem zuständigen Insolvenzgericht dem Insolvenzantrag des Gläubigers anschließen. Ein Einverständnis der Gesellschafter oder Gläubiger mit der Insolvenzverschleppung entlastet den Geschäftsführer eben so wenig wie ein Beschluss oder eine Weisung der Gesellschafterversammlung. Ein Fehlen der für die Verfahrenseröffnung ausreichenden Masse entbindet den Geschäftsführer ebenfalls nicht von seiner Pflicht, da nur das Insolvenzgericht feststellen kann, ob eine Verfahrenseröffnung mangels Masse ausscheidet.
Der Geschäftsführer kann sich der Haftung auch bei einer Niederlegung seines Amtes nicht entziehen, es sei denn, die Drei-Wochen-Frist lief noch nicht. Legt der Geschäftsführer sein Amt nach Eintritt der Insolvenz nieder, muss er seine Nachfolger bzw. die verbleibenden Geschäftsführer zur Insolvenzantragstellung veranlassen.
Die Insolvenzantragspflicht entsteht mit dem objektiven Eintritt der Insolvenzreife. Sie besteht fort, solange die Insolvenzgründe vorliegen ober bis diese beseitigt werden.
Die Insolvenzgründe beschreiben die rechtlichen Voraussetzungen, bei deren Vorliegen ein Insolvenzverfahren eröffnet werden muss (bzw. kann).
Allgemeiner Insolvenzgrund ist die Zahlungsunfähigkeit (§ 17 InsO). Der Eintritt der Zahlungsunfähigkeit löst die Insolvenzantragspflicht aus. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn die Gesellschaft nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen. Dabei muss die Zahlungsunfähigkeit auf einem Mangel an Zahlungsmitteln beruhen. Bei der Beurteilung der Zahlungsunfähigkeit ist die weitere Liquiditätsentwicklung der Gesellschaft zu berücksichtigen. Hierzu ist ein Liquiditätsplan aufzustellen, der alle fälligen und erwarteten Verbindlichkeiten sowie alle fälligen und erwarteten Zahlungseingänge umfasst. Zahlungsunfähigkeit liegt dann vor, wenn die Gesellschaft 5 – 10% ihrer fälligen Verbindlichkeiten nicht innerhalb eines Zeitraums von 2 – 3 Wochen bedienen kann. Die Zahlungsunfähig wird angenommen, wenn die Gesellschaft die Zahlungen eingestellt hat. Eine nur drohende Zahlungsunfähigkeit (§ 18 InsO) löst die Insolvenzantragspflicht nicht aus.
Die Insolvenzantragspflicht wird auch durch Überschuldung (§ 19 InsO) ausgelöst.
Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Bei der Bewertung des Vermögens des Schuldners ist die Fortführung des Unternehmens zugrunde zu legen, wenn diese nach Umständen überwiegend wahrscheinlich ist. Zunächst ist eine sog. Überschuldungsbilanz aufzustellen. Diese ist eine Vermögensbilanz, bei der die Ansatz- und Bewertungsvorschriften nach HGB nicht zur Anwendung kommen. Der Überschuldungsstatus wird zunächst nach Liquidationswerten aufgestellt. Hierbei sind die Vermögenswerte der Aktivseite zu Zerschlagungswerten zu bilanzieren. Auf der Passivseite der Bilanz wird das (Eigen-) Kapital (oder eigenkapitalähnliche Positionen) der Gesellschaft nicht angesetzt. Ergibt sich aus dieser Bilanz eine rechnerische Überschuldung des Unternehmens, ist im nächsten Schritt eine Fortbestehensprognose aufzustellen, bei der sodann die rechtliche Überschuldung ermittelt wird. Eine zuverlässige Fortbestehensprognose setzt neben der Aufstellung eines dokumentierten Finanz- und Ertragsplanes auch die Festlegung eines Prognosezeitraums voraus. Bei der Prognose sind das laufende und das folgende Geschäftsjahr zugrunde zu legen. Auf diese Art kann eine verlässliche Aussage über die Wahrscheinlichkeit einer positiven Fortführung der Gesellschaft getroffen werden. Führt die Fortbestehensprognose zu einem positiven Ergebnis, können bei der zuvor aufgestellten Überschuldungsbilanz die Aktiva nun zu Fortführungswerden angesetzt werden. Weist die erstellte Bilanz jetzt höhere Aktiva als Passiva aus, braucht kein Insolvenzantrag wegen Überschuldung gestellt zu werden. Übersteigen auch nach Fortführungswerten die Passiva die Aktiva, entsteht die Insolvenzantragspflicht wegen Überschuldung.
Der Geschäftsführer der GmbH haftet der Gesellschaft gegenüber auf die Zahlungen, die er nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder nach Feststellung der Überschuldung noch vorgenommen hat. Hierbei ist der Zeitraum zwischen dem Beginn der Drei-Wochen-Frist und der Antragstellung relevant. Dadurch soll eine bevorzugte Befriedigung einzelner Gläubiger verhindert und die Erhaltung des Gesellschaftsvermögens (bzw. der späteren Masse) gesichert werden.
Dieser Anspruch versteht sich als ein Schadensersatzanspruch, welcher im Interesse der Masse stellvertretend durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht wird.
Die Schadensersatzpflicht entfällt auch dann nicht, wenn der Geschäftsführer (wie bereits oben dargelegt) auf Weisung eines Gesellschafterbeschlusses gehandelt hat.
Nur Masseschmälerungen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes zu vereinbaren sind, lösen Ersatzpflichten aus. Der Begriff der Zahlungen im Sinne der Vorschrift wird weit gefasst. Daneben stehen auch die Einreichung von Kundenschecks oder einfache Überweisungen auf ein debitorisches Bankkonto mit Verrechnungsmöglichkeit einer Zahlung an die Bank gleich. Bargeschäfte, die lediglich auf einen bloßen Aktivtausch hinauslaufen, verstoßen nicht gegen das Gebot der Masseerhaltung. Neben Geldleistungen werden auch solche Leistungen unter den Zahlungsbegriff gefasst, welche die Leistung von anderen Gegenständen oder die Vornahme von Dienstleistungen bewirken.
Die Schadensersatzpflicht wird auch durch solche Geschäfte des Geschäftsführers ausgelöst, die nach Eintritt der Insolvenzreife vorgenommen wurden und die Insolvenzmasse mindern. Gleiches gilt für Neugeschäfte mit Gläubigern, die einen Schaden zufügen, indem die gelieferten Waren oder erbrachten Dienstleistungen von der Gesellschaft nicht mehr bezahlt werden können, die Forderungen somit zu Insolvenzforderungen werden.
Zulässig sind solche Zahlungen, die nach dem Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder der Überschuldung mit der Sorgfalt eines ordentlichen Geschäftsmannes vereinbar sind. Zulässig sind auch solche Zahlungen, die nicht zu einer Schmälerung der Insolvenzmasse führen. Darunter fallen solche Zahlungen, für die eine vollwertige Leistung erbracht wurde oder solche, die notwendig sind um den Geschäftsbetrieb für die Zwecke des Insolvenzverfahrens aufrecht zu erhalten bzw. die Sanierungsmaßnahmen nicht zu gefährden (z.B. Löhne, Gehälter, Sozialausgaben, Miete, Telefonrechnungen usw.).
Der von dem Geschäftsführer zu leistende Schadensersatz entspricht der Masseschmälerung, die durch die unzulässige Zahlung entstanden ist. Diese ist danach zu bemessen, wie das Gesellschaftsvermögen gestanden hätte, wenn der Geschäftsführer rechtzeitig einen Insolvenzantrag gestellt hätte und damit die Zahlung nicht mehr vorgenommen worden wäre.
Entspricht die erbrachte Gegenleistung nicht in voller Höhe der geleisteten Zahlung, muss der Geschäftsführer die hieraus entstandene Differenz ersetzen. Wird keine der Zahlung entsprechende Gegenleistung erbracht, muss der Geschäftsführer den gesamten Betrag ersetzen. Für den Fall, dass mit der Zahlung eine Verbindlichkeit beglichen wurde, haftet der Geschäftsführer nur auf den Quotenschaden und muss den Betrag erstatten, den der Gläubiger nach Feststellung der Insolvenzquote nicht mehr erhalten hätte.
Der Geschäftsführer kann auch Gläubigern gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet werden, wenn er schuldhaft oder fahrlässig die Insolvenzreife verkannt oder gar vorsätzlich keinen Insolvenzantrag gestellt hat.
Dabei muss zwischen Alt- und Neugläubigern unterschieden werden.
Altgläubiger sind diejenigen Gläubiger, deren Forderung bereits vor Insolvenzreife der Gesellschaft bestanden hat. Neugläubiger haben hingegen ihre Forderung erst nach Insolvenzreife aber noch vor Eröffnung des Verfahrens erlangt.
Den Altgläubigern gegenüber hat der Geschäftsführer den sog. Quotenschaden zu ersetzen. Demnach haftet er für den Schaden, der durch die Verringerung oder Wegfall der Quote in Folge des verspäteten Insolvenzantrags entstanden ist. Der Quotenschaden wird in Prozent ausgedrückt und bemisst sich nach der Differenz zwischen der bei Annahme eine rechtzeitigen Insolvenzantragstellung zu ermittelnden konkreten Quote und der tatsächlich erzielten Quote. Der Schaden wird in der Regel geschätzt.
Die Altgläubiger können während der Dauer des Insolvenzverfahrens ihren Quotenschaden nicht selbst geltend machen, dieser wird als Gesamtschaden durch den Insolvenzverwalter geltend gemacht. Nur bei Abweisung des Verfahrens mangels Masse, obliegt die Geltendmachung des Schadensersatzanspruchs dem Gläubiger selbst.
Neugläubiger haben, anders als Altgläubiger, einen Anspruch gegen den Geschäftsführer auf Ersatz des Schadens, der ihnen dadurch entstanden ist, dass sie mit einer insolvenzreifen Gesellschaft vertragliche Beziehungen eingegangen sind, die sie bei Kenntnis der Sachlage nicht eingegangen wären. Dabei hat der Geschäftsführer nur den sog. negativen Schaden, also den objektiven Wert der Leistung zu ersetzen. Etwaige Gewinne des Gläubigers werden nicht berücksichtigt, sofern der Gläubiger nicht Nachweis darüber führen kann, dass er die Leistung anderweitig zum gleichen Preis hätte erbringen können. Den Neugläubigerschaden muss der Gläubiger auch im eröffneten Insolvenzverfahren selbst geltend machen, der Insolvenzverwalter ist hierzu nicht berechtigt.
Beansprucht der Geschäftsführer ein persönliches Vertrauen, durch das er die Verhandlungen oder den Vertragsschluss wesentlich beeinflusst oder hat er selbst ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse an diesem Vertragsschluss, kommt für ihn auch eine Haftung wegen Verschulden beim Vertragsschluss in Betracht.
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